Was andere noch "entwickeln" wollen, ist bereits fertig...
Das Netzwerk oder die „Familie“
Die chinesischen Kampfkünste werden traditionell als „Familiensystem“ betrachtet, da die Kampfkunst früher in Familien von Generation zu Generation oder nur an wenige auserwählte Schüler weitergegeben wurde. In der Wing Chun-Legende wird dies nicht so deutlich, vor allem, weil wenig bekannt ist und historisch nicht bestätig werden kann. Spätestens seit Meister Ip Man wurde Wing Chun in Hong Kong eine öffentliche Kunst.
Die Familien-Tradition spiegelt sich aber immer noch in der Anrede von Schüler und Lehrer wider. Die Anreden regeln den Umgang miteinander und sollten eine respektvolle Haltung im gemeinsamen Training fördern. Sie sind Hilfestellungen für ein respektvolles Verhältnis, sowohl zwischen Lehrer und Schüler, als auch der Schüler untereinander im Training.
So ist der Wing Chun-Lehrer, der „Si-Fu“, was nichts anderes als „Väterlicher Lehrer“ bedeutet. Der Lehrer des Lehrers ist der „Si-Gung“ – der Großvater, und dessen Lehrer der „Si-Jo“, der Urgroßvater. Als Begründer meiner Schule bin ich der „Dai-Sifu“, also der „große Sifu“.
Natürlich darf nicht unerwähnt bleiben, dass diese Praxis nicht selten mißbraucht wurde und wird. Auch heute noch wird in einigen Kampfkunstschulen dieses Lehrer-Schüler-Verhältnis sehr einseitig zugunsten des Lehrers ausgenutzt. Es hat sich seit der Verbreitung des Wing Chun in Europa jedoch eine Praxis entwickelt, in der ein „Sifu-Titel“ an einen Schulleiter „verliehen“ wird, wenn dieser bestimmte Voraussetzungen erfüllt hat, wie das Erreichen des 3. Technikergrades und oder in seinem „Verband“ eine bestimmte Zahl an Schülern vorweisen muss.
In diesen Richtungen gibt es dann „Ausbilder“, die den „Sifu“-Titel noch nicht bekommen haben aufgrund der Tatsache, dass sie das Wing Chun-System noch nicht weit genug gelernt haben oder nur in einer Schule als Assistenten beim Gruppentraining aushelfen und Anfänger anleiten. Sie werden dann von den anderen Schülern „Si-Hing“ genannt, was soviel bedeutet wie der „Ältere (Kung Fu-) Bruder“. Eine „ältere (Kung Fu-) Schwester ist „Si-Je“, eine „jüngere Schwester“ wird Si-Mui genannt.
Diese Praxis entspricht aber nicht der chinesischen Tradition. Jemand, der unterrichtet, ist bereits ein “Sifu”, da er unterrichtet.
Die Anrede „Si-Hing“ gilt auch für denjenigen, der früher mit dem Training begonnen hat. Der jüngere Schüler selbst wird mit „To-Dai“ angesprochen.
Wenn zwei Schüler mit einem Tag Unterschied mit dem Training beginnen, dann ist der Erstere der Si-Hing des Zweiten, unabhängig davon, ob der erste jemals sein Training fortsetzen wird, oder ob der Zweite in seiner Kampfkunst sehr viel besser wird als der Erste.
Ich persönlich habe Wing Chun bei verschiedenen Lehrern gelernt und zum Schluß sehr unkonventionell, wo auf die traditionellen Anreden nicht mehr so viel Wert gelegt wurden. Also, ich heiße immer noch Horst…
Ich habe meine „Familie“ Wing Chun Dao genannt, weil wir den Anspruch haben, unser Wing Chun als „WEG“ für jeden Einzelnen zu unterrichten, ihn zu befreien, statt in einem „Marketing-System“ für 30 Jahre an etwas zu binden, was jemand irgendwann einmal erfunden hat..
Wir hoffen, dass die Menschen den Unterschied irgendwann einmal erkennen werden, aber wir machen hier einen Unterschied und warten auf den Wandel!
„Familie“ nenne ich meine Schule ganz bewusst. Es gibt „Verbände“, die sich als solche ausgeben, jedoch privatwirtschaftliche Unternehmen sind.
Als gewerblicher Kampfkunstlehrer halte ich es für unehrlich, als „Verband“ aufzutreten, wenn ich ein „Unternehmen“ bin.
Als Kampfkunstlehrer habe ich mich daher dazu entschieden, von einem Netzwerk oder im traditionellen Sinn von „Familie“ zu sprechen.
Sie können Teil unserer Wing Chun-Familie werden. Die Mitgliedschaft ist freiwillig und bedarf auch keiner Jahresgebühr, die andere „Gmbh´s“ als Verwaltungsgebühr von Ihren Schülern verlangen.